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Friedhelm Hufen: Politische Jugendbildung und Neutralitätsgebot

Friedhelm Hufen: Politische Jugendbildung und Neutralitätsgebot

Auf sechs Seiten fasst Professor Hufen zusammen, was es zum Neutralitätsgebot in der politischen Jugendbildung zu beachten gibt.

Die wichtigste Erkenntnis: das Neutralitätsgebot bedeutet nicht Wertneutralität. Jugendarbeit kann und muss Position beziehen, wenn die Werte unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung angegriffen werden!

Aber hier das wichtigste in Kürze: staatliche oder kommunale Träger: Staatliche oder kommunale Träger können sich bei ihrer politischen Arbeit nicht selbst auf Grundrechte berufen (wie z.B. „Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern“, Artikel 5 GG), sondern sind dadurch gebunden, dass sie nicht in die Grundrechte Dritter (zum Beispiel politischer Parteien) eingreifen dürfen.

Für die politische Bildungsarbeit ist dabei weniger das „Neutralitätsgebot“, als vielmehr die Chancengleichheit der Parteien der wichtigste Prüfungsmaßstab. Eingeschränkt werden kann die Chancengleichheit von Parteien, wenn gezielt unter der Nennung von Namen auf einzelne Personen einer Partei eingegangen wird oder die Partei detailliert herausgegriffen wird. Dies ist also nicht zulässig. Was jedoch geht, sind sachliche Informationen über eine Partei und deren Führungspersonal, auch wenn sie diesen unangenehm sein mögen. „Das gilt auch für Wertungen und Stellungnahmen [von Parteien, N.H.] die darauf gerichtet sind, Jugendliche und andere Empfänger gegen Rechts- oder Linksextremismus, Salafismus Antisemitismus, Rassismus, Homophobie, Islamfeindlichkeit und Europafeindlichkeit und andere verfassungswidrige Ideologien zu beeinflussen, auch wenn diese zum „Programm“ einer nicht verbotenen Partei oder sonstigen Vereinigung gehören.“

Generell lässt sich also sagen, dass der Staat die Aufgabe hat, junge Menschen mit den Verfassungszielen vertraut zu machen.

Öffentliche Träger dürfen zwar nicht einzelne Parteien gezielt „auseinandernehmen“, sie müssen aber nicht „neutral“ im Sinne einer Wertneutralität sein, sondern dürfen im Sinne des Grundgesetzes Stellung beziehen und auf solche Aussagen hinweisen, die sich gegen unser Grundgesetz richten.

Private Initiativen, die staatliche Gelder empfangen

Private Initiativen sind, auch wenn sie mit öffentlichen Geldern gefördert werden, selbst Grundrechtsträger, sind also vor staatlicher Kontrolle stärker geschützt.

Private Initiativen können Tatsachen und allgemeine Informationen sowie allgemeine Wertungen von politischen, religiösen und kulturellen Positionen vermitteln, auch wenn diese von bestimmten Parteien vertreten werden. „Das bedeutet z.B., dass es kein allgemeines Verbot der Erwähnung politischer Parteien gibt. Diese dürfen in ihren Programmen dargestellt, zitiert und auch sachgemäß kommentiert werden. Verstoßen diese Programme gegen Grundwerte der Verfassung, so darf auch hierauf in sachgerechter Form hingewiesen werden.“

Es wird erst dann in die Chancengleichheit von Parteien eingegriffen, wenn sich die Wertung und Information gezielt gegen diese eine Partei richtet. Auch dürfen keine falschen Tatsachen behauptet, in die Privatsphäre der Politiker*innen eingegriffen, Schmähkritik geübt oder die Wahl gezielt beeinflusst werden.

Zusammenfassend schreibt Professor Hufen: „Der Staat darf in seiner eigenen und in der unterstützten Öffentlichkeits- und Jugendarbeit Stellung beziehen, er darf seine Verfassungsziele fördern und verfassungsfeindliche Ziele im politischen Meinungskampf markieren. Er darf in diesem Sinne auch werten und beeinflussen. Grenzen ergeben sich erst, wenn konkret in die Rechte politischer Vereinigungen und Parteien eingegriffen wird – dies vor allem, aber nicht nur, im Umfeld von Wahlen.“

Friedhelm Hufen, Politische Jugendbildung und Neutralitätsgebot in: RdJB Recht der Jugend und des Bildungswesens, Seite 216 - 221 RdJB, Jahrgang 66 (2018), Heft 2, ISSN online: 0034-1312, https://doi.org/10.5771/0034-1312-2018-2-216